Auch in Vereinen und gemeinnützigen Einrichtungen gibt es eine große Bereitschaft, sich gegen den Krieg in der Ukraine zu engagieren und den davon betroffenen Menschen zu helfen. Beachtet werden müssen dabei aber vereins- und insbesondere gemeinnützigkeitsrechtliche Vorgaben.
Hinweis: In absehbarer Zeit wird das Bundesfinanzministerium – wie immer in solchen Fällen – sicher sog. Billigkeitsregelungen erlassen, die die möglichen Hilfeleistungen erweitern und vereinfachen. Bisher liegt ein solcher Erlass nicht vor. Deswegen gelten die folgenden allgemeinen Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts.
Ergänzung vom 17.03.2022:
Heute hat das BMF die steuerlichen Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten bekannt gegeben.
>> weitere Informationen zu den Maßnahmen
Mittelweitergabe
Nach den Regelung des § 58 Abgabenordnung (AO) dürfen gemeinnützige Organisationen Geld- und Sachmittel in unbeschränkter Höhe an andere gemeinnützige (steuerbegünstigte) oder öffentlich-rechtliche Einrichtungen weitergeben. Es kommt dabei nicht auf die Satzungszwecke von Geber- und Empfängereinrichtung an. Auf diese Weise können auch Einrichtungen ohne einschlägige Zwecke (wie z.B. Flüchtlings- und Katastrophenhilfe) mittelbar solche Zwecke unterstützen.
Wichtig: Vereinsvorstände können nicht frei über das Vereinsvermögen verfügen. Eine Mittelweitergabe, die über das bis dahin übliche hinausgeht, bedarf deswegen der Zustimmung der Mitgliederversammlung. Andernfalls könnte der Vorstand vom Verein in Haftung genommen werden. Diese Zustimmung kann aber auch nachträglich eingeholt werden. Das ist sicher unkritisch, wenn sich der Vorstand auf eine entsprechende (einfache) Mehrheit in der Mitgliederversammlung verlassen kann. Einzelne Mitglieder haben hier kein Vetorecht.
Auch eine leihweise Überlassung von Sachmittel ist möglich. So könnte ein Verein z.B. sein Fahrzeug überlassen oder Zelte, Kochgeräte usf.
Ebenfalls erlaubt ist die Überlassung von Räumen. Es gibt also keine Bedenken, wenn z.B. ein Sportverein seine Halle als Flüchtlingsunterkunft bereitstellt. Weil er keine entsprechenden Satzungszwecke hat, ist es aber gemeinnützigkeitsschädlich, wenn er selbst eine solche Hilfseinrichtung betreibt oder Räumlichkeiten direkt an Betroffene überlässt. Immer muss hier – zumindest pro forma – eine gemeinnützige Einrichtung mit entsprechenden Satzungszwecken dazwischengeschaltet sein.
Beispiel: Ein Schützenverein hat in seinem Vereinsheim eine kleine Wohnung, die er einer bestimmten Familie überlassen will. Es genügt, wenn er dazu eine kurze (schriftliche) Vereinbarung mit einer lokalen Flüchtlingshilfeeinrichtung trifft. Die Betreuung muss dann zwar im Namen dieser Einrichtung erfolgen. Der Verein kann sich aber direkt um die Menschen kümmern, die in seinen Räumen untergebracht sind. Auch das muss dann aber immer im Namen und Auftrag der Flüchtlingshilfeeinrichtung geschehen. Das ist aber nur eine Formsache.
Personalgestellung
Ebenfalls erlaubt ist nach § 58 AO die Überlassung von Personal an andere steuerbegünstigte Einrichtungen. Das bezieht sich natürlich auf vergütetes Personal, weil es ehrenamtlich Tätigen ja jederzeit freisteht, sich anderweitig zu engagieren. Gemeinnützige Einrichtungen können also Mitarbeiter/innen für Tätigkeiten bei anderen gemeinnützigen oder öffentlich-rechtlichen Einrichtungen freistellen und dabei die Gehälter weiterbezahlen.
Spendenaufrufe
Unter die „Mittelweitergabe“ fallen auch alle Arten von Dienstleistungen. Vereine können also ihre vielfältigen Ressourcen mobilisieren. Denkbar wäre z.B. auch, dass sie Ihre Verteiler für Spendenaufrufe an Hilfsorganisationen nutzen.
Spendensammlungen
Spenden können auch vom Verein selbst zur Weitergabe an Hilfsorganisationen gesammelt werden. Da eine Mittelweitergabe unbeschränkt erlaubt ist (auch aus Spendenmitteln), kann der Verein dabei selbst Spendenbescheinigungen ausstellen. Beim Spendenaufruf sollte aber klargestellt werden, dass die Spenden zur Weitergabe bestimmt sind. Das ist zwar aus steuerlichen Gründen nicht erforderlich, aber hinsichtlich der Spenderkommunikation unbedingt zu empfehlen. Oft ist es aber einfacher, um Spenden auf die bekannten Sonderkonten der Hilfsorganisationen zu bitten. Hier gilt der sog. vereinfachte Zuwendungsnachweis nämlich für Spenden in jeder Höhe. Es genügt dann der Kontoauszug als Nachweis für den Steuerabzug der Spende. Vereine können dieses Verfahren sonst nur bei Geldspenden bis 300 Euro (pro Einzelspende) nutzen.
Keine direkte Unterstützung von Betroffenen
Nicht erlaubt ist gemeinnützigen Einrichtungen ohne einschlägige (mildtätige) Zwecke die direkte Unterstützung von Einzelpersonen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Betroffene in Deutschland oder in der Ukraine sind.
Hinweis: Die Mittelweitergabe an Einrichtungen in der Ukraine, die analog zur deutschen Gemeinnützigkeit begünstigt sind, ist zwar ebenfalls möglich. Leider hat die Finanzverwaltung aber bisher nicht klargestellt, welche Nachweise dabei erforderlich sind. Deswegen ist eine Mittelweitergabe an eine deutsche Hilfseinrichtung sicherer und unkomplizierter.
Oft möchten Vereine betroffene Menschen direkt unterstützen, weil zu Ihnen persönliche Kontakte bestehen oder entstehen. Hier geht es nur auf einem Umweg: Der Verein spendet an eine entsprechende Hilfsorganisation mit der Bitte, die Mittel an bestimmte Betroffene weiterzugeben.
Unser Tipp: Hier ist Vernetzung wertvoll. Am sichersten und unbürokratischsten erreichen die Hilfen bestimmte Einzelpersonen und –gruppen, wenn ein Kontakt zu einer lokalen Hilfsorganisation besteht. Große Hilfsorganisationen werden solche gebundenen Spenden ohnehin nicht annehmen.
Politische Stellungnahmen
Viele Organisationen nehmen über eine materielle Hilfe hinaus auch politisch Stellung. Sei es, dass sie den Krieg in der Ukraine öffentlich verurteilen oder dass sie zu Demonstrationen und anderen Aktionen aufrufen oder sich sogar als Veranstalter beteiligen.
Grundsätzlich sind solche politischen Stellungnahmen gemeinnützigen Einrichtungen nur im Rahmen ihrer Satzungszwecke erlaubt. Das Bundesfinanzministerium hat aber erst jüngst klargestellt, dass politische Äußerungen unschädlich sind, wenn sie sich auf den Einzelfall beschränken. Es gibt also keine Bedenken, wenn Vereine ihre Medien(-zugänge) nutzen, sich zum Ukrainekrieg politisch zu äußern, weil das ja in aller Regel auf Einzelfälle beschränkt bleibt.
>> Der Beitrag wurde aus dem Vereinsinfobrief übernommen: www.vereinsknowhow.de